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Zahnprobleme: Wann benötigt mein Pferd den «Zahni»

Autorenbild: Andrea FischerAndrea Fischer

Zahnprobleme beim Pferd können sich in unterschiedlicher Form manifestieren. Nicht immer bringt man auf Anhieb Verhaltensänderungen beim Fressen, im Umgang oder der körperlichen Form mit den Zähnen in Zusammenhang. Nur worauf sollte geachtet werden, damit man die Anzeichen erkennt und auf Anhieb richtig deutet?

Quelle: AdobeStock 95201987
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Die meisten Pferdebesitzerinnen und Pferdebesitzer vertrauen Pflege und Unterhalt einem Pensionsstall an. Sie sehen ihre Tiere im besten Fall während zwei bis drei Stunden pro Tag. Man muss schon ein feines Gespür für sein Pferd entwickeln, um in einem so kurzen Zeitfenster Verhaltensveränderungen wahrnehmen zu können. Idealerweise ist das Personal sensibilisiert und geschult, nur bleibt dies oft der Idealfall.

Futterwickel und schräge Kopfhaltung

Typische Anzeichen für ein Problem mit den Zähnen ist das Formen von Futterwickeln. Das Pferd versucht, das Raufutter im Maul hin und her zu bewegen. Es gelingt ihm nicht, das Heu zu zerkleinern. In den Wangentaschen wird es zu zigarrenförmigen Heuwickeln geformt, die am Ende wieder aus dem Maul fallen. Heuwickel, die im Stroh oder im Heuhaufen am Boden liegen, fallen lange Zeit nicht auf, insbesondere bei einer Gruppenhaltung mit Heu ad libitum. Für alte Pferde könnte es Konsequenzen haben, wenn dieses Verhalten nicht frühzeitig entdeckt wird. Da Raufutter die wichtigste Nahrung für unsere Pferde ist, können sie bei nicht genügender oder keiner Aufnahme rasch an Gewicht verlieren. Wer schon einmal ein altes Pferd wieder auffuttern musste, weiss, dass das länger dauern kann, bis es sich wieder erholt. Ein weiteres Anzeichen ist eine schräge Kopfhaltung beim Fressen. Hier tut ihm möglicherweise auf der einen Seite des Mauls ein Zahn weh.


Ein Blick auf die Pferdeäpfel ist nie verkehrt

Kotwasser, Durchfall und grobfaserige Pferdeäpfel können ein weiteres Indiz dafür sein, dass ein geschulter Blick ins Pferdemaul Klarheit bringen kann. Besonders, wenn das Pferd bislang keine Probleme mit der Verdauung zeigte. In diesem Fall können sie das Heu nicht ganz zerkleinern, aber gerade noch gut genug, um es zu schlucken.


Der spinnt heute mal wieder

«Schon beim Zäumen wehrte sich Rocky und die Reitstunde war der Horror!» Rittigkeitsprobleme werden oft nicht sofort mit den Zähnen in Zusammenhang gebracht. Lässt sich das Pferd vorher ungern aufzäumen und ist übel gelaunt, lohnt es sich den Kauapparat prüfen zu lassen. Ein weiteres Zeichen könnte übermässiges Speicheln sein, das kann allerdings auch auf eine Allergie, beispielsweise auf eine Metalltrense hindeuten.

Bei schon etwas weiter fortgeschrittenen Zahnproblemen sind ein fauliger Geruch aus dem Maul oder gar ein übel riechender Ausfluss aus den Nüstern, ein ernst zu nehmendes Alarmzeichen.

Zahnschmerzen sind nicht schön

Wer sein Pferd gut kennt, nimmt kleinste Veränderungen in seiner Mimik wahr. Pferde sind Meister darin, ihre Schmerzen zu ertragen. Empfängt dich dein Pferd normalerweise mit einem offenen Blick, aber heute mit Augen, die eher an eine durchzechte Nacht erinnern, dann könnten Schmerzen dahinterstecken. Ausser, es streifte mit seinen Kumpels ums Quartier. ;-)


Eine ungleiche Abnutzung der Kauflächen kann mit der Zeit ganz fiese Zahnkanten hervorbringen. Sie sind so spitz, dass sie die Maulschleimhaut verletzen. Diese Pferde fressen schlecht, weil das Kauen für sie sehr schmerzhaft ist.

Lockere Zähne können ebenfalls schmerzen oder zumindest Unbehagen verursachen. Auf Pferde, die bereits einen oder gar mehrere Zähne verloren haben, empfiehlt es sich ein besonderes Augenmerk zu halten und die Fütterung zu optimieren. Auch mit Zahnlücken können Pferde, Ponys und Esel heute sehr alt werden. Die Futtermittelindustrie hat sich diesen Kandidaten angenommen und Heuersatzprodukte entwickelt, die eine entsprechende Rohfaseraufnahme gewährleistet. Seien es Heu- oder Wiesencobs, die mit Wasser übergossen und gequollen verfüttert werden, oder entsprechend zerkleinertes Futter. Es ist natürlich ein Mehraufwand und auch teurer als normales Heu, hat aber zusätzliche Vorteile bei der Rationierung und ist staubfrei.

Wann ist der Zahnarzt fällig

«Das kommt auf jedes einzelne Pferd an,» erklärt Tobias Widmer. Er ist Veterinär und hat sich komplett der Zahnmedizin verschrieben. «Es gibt Pferde, deren Gebiss so perfekt ist, dass ich auch bei einem Intervall von zwei Jahren nur wenig machen muss. Andere sind leider von Geburt an mit schlechten Zähnen ausgestattet. Grundsätzlich macht eine jährliche Kontrolle Sinn. Bevor man das Pferd anreitet, genauer gesagt, bevor man ihm zum allerersten Mal eine Trense ins Maul legt, ist eine erste Zahninspektion wichtig. Schlechte Erfahrungen beim Einreiten, die mit einem Zahnproblem einhergehen können, werden so schon mal ausgeschlossen.»

Sportpferden kontrolliert man die Zähne am besten in der zweiten Hälfte der Winterpause. Es ist üblich, dass die Pferdezahnärzte ihre Patienten sedieren. Nur so können sie gute Arbeit verrichten, das Verletzungsrisiko minimieren und schlechte Erfahrungen für das Pferd ausschliessen. «Haben sie einmal eine schlechte Erfahrung gemacht, erinnern sie sich daran und machen immer schlechter mit.» Da eine Sedierung dopingrelevant ist, sollte man eine Karenzfrist von bis zu sechs Wochen einrechnen.

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